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Story 127 – 1901 – Innovation Geschäftsmodell Prozesse

Siegeszug einer revolutionären Technologie

Das Strangpressverfahren verändert das Vöhringer Werk

Als einer der Pioniere steigt Wieland 1901 in das Strangpressverfahren ein. Schnell kommen weitere Maschinen hinzu, völlig neue Prozesse und Abläufe entstehen. Bis 1939 werden in Vöhringen sieben Strangpressen installiert – manche bleiben bis in die jüngere Vergangenheit in Betrieb.

Noch bevor 1901 in Vöhringen die erste Strangpresse aufgestellt wird, stellt man dort die Weichen für die Zukunft: Ein geplantes Gebäude zum Gießen, Walzen und Ziehen von Messingstangen wird nicht mehr realisiert. Stattdessen entsteht an der Gießerei ein Anbau, in dem die erste gebrauchte – und später wieder abgegebene – Presse sowie eine fabrikneue mit 9 Meganewton Presskraft aufgestellt werden. Letztere kostet damals stolze 21.000 Mark, hat Direktantrieb mit unmittelbar auf die Presszylinder wirkenden Pumpen und verrichtet als Presse 1 bis 1970 ihren Dienst. Eine fast baugleiche Anlage mit etwas größerer Querhauptöffnung und längerem Hub kommt bereits 1904 als Presse 2 hinzu.

Strangpressen Vöhringer Werk

Die Pressen 1 und 2 im Jahr 1905. Beide haben eine Presskraft von 9 Meganewton, im Hintergrund ist der Ofen mit Kohlefeuerung zu erkennen.

Strangpressen Vöhringer Werk

1951 ist die Presse 1 von 1904 noch immer in Betrieb – und wird es für weitere 19 Jahre bleiben.

1909 verarbeitet die Strangpresserei 17,1 Tonnen Material täglich und verdoppelt damit den Ausstoß gegenüber 1903 (9,7 Tonnen) beinahe, die Arbeitszeit wird auf Zweischichtbetrieb umgestellt. Und: Weil die Patente für das Strangpressverfahren auslaufen, konstruiert und baut Wieland erstmals selbst eine Strangpressanlage; sie geht mit erstaunlichen 13 Meganewton Presskraft als Presse 3 in Betrieb. Wie die nächste Eigenkonstruktion – Presse 4 aus dem Jahr 1914 – ist sie eine Viersäulenpresse und speziell für die Rohrfertigung ausgelegt. Nach gezielten Umrüstungen wird es mit Presse 4 ab 1926 möglich sein, Rohre erstmals über die Spitze zu pressen.

Eine weitere Innovation folgt bereits 1928: Von Borsig in Berlin erwirbt Wieland die Presse 5, die erstmals in vertikaler Richtung arbeitet. Dies erhöht die Gleichwandigkeit der Pressrohre deutlich – und erlaubt so das Pressen extrem dünnwandiger Rohre. In eine ganz andere Richtung geht die bereits ein Jahr später angeschaffte Presse 6: Sie ist wieder horizontal aufgebaut und gilt mit ihrer Presskraft von 20 Meganewton als bis dahin größte Strangpresse der Welt. Dementsprechend wird sie zum Pressen von großen Rohrdurchmessern und hochkupferhaltigen Legierungen, später auch von Aluminium eingesetzt.

Presse 6 arbeitet ab 1929 mit enormen 20 Meganewton Presskraft. So viel Power hat ihren Preis, sie kostet stolze 160.000 Reichsmark.

Dies gilt auch für die Presse 7, die 1939 aufgestellt wird. Mit 18 Meganewton Presskraft vorgesehen für Aluminiumprofile und -rohre, werden auf ihr kriegsbedingt auch Zinklegierungen verarbeitet. Mehrmals modernisiert und für die Messingverarbeitung umgebaut, arbeitet sie unglaubliche 60 Jahre lang bis 1999. Am Vorabend des 2. Weltkrieges verarbeiten die sieben Strangpressen in Vöhringen beachtliche 12.500 Tonnen Material pro Jahr.

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Wieland Werke AG