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Story 043 – 1957 – Innovation Prozesse Produkte

Innovationen aus Übersee für das Stranggießen

Das ASARCO-Gussverfahren mit ofenabhängiger Kokille

Auf der Suche nach verbesserten Endkontur-Gießverfahren wird Wieland Anfang der 1950er-Jahre in den USA fündig: Die dort von ASARCO entwickelte ofenabhängige Kokille bietet neue Möglichkeiten beim Gießen von Rohren und Stangen. 1956 geht in Vöhringen die erste Anlage mit der neuen Technologie in Betrieb.

Beim Gießen von nahtlosen Strängen aus „Rotkupfer“, das wegen des hohen Bleianteils später nicht mehr umgeformt werden kann, gibt es lange ein Problem: Die heiße Schmelze kommt mit Luft und Schmutzpartikeln in Berührung. Dies kann sich – wenn auch in geringem Umfang – auf Beschaffenheit und Qualität des Gusserzeugnisses auswirken. In den USA entwickelt deshalb die American Smelting and Refining Company (ASARCO) ab 1932 ein Verfahren mit einer am Gießofen befestigten, daher ofenabhängigen Kokille. Diese besteht aus reibungsarmem Grafit, wie auch der Ofen selbst. Zum Schutz vor Sauerstoff ist dieser von einer mit Stickstoff gefluteten Hülle umgeben.

Getreu der Maxime des Firmengründers, über den Tellerrand hinauszuschauen und Weiterentwicklungen der Industrie für das eigene Unternehmen zu nutzen, nimmt Wieland 1952 mit ASARCO Kontakt auf, um das revolutionäre Verfahren für sich nutzbar zu machen. Es folgen, zusammen mit anderen in der deutschen Stranggießgemeinschaft (SG) organisierten Unternehmen, komplizierte patent- und lizenzrechtliche Verhandlungen. Dennoch kann bereits im Winter 1954/55 die erste Einweisung in das neue Verfahren erfolgen. Und 1956 entsteht im Vöhringer Wieland-Werk die erste Gießbühne für eine Anlage mit ofenabhängiger Kokille. Sie nimmt noch im gleichen Jahr ihren Betrieb auf und produziert hauptsächlich Stangen und Rohre mit Durchmessern zwischen 10 und 91 Millimeter. Weil der Gießofen nur 750 Kilogramm Schmelze fasst und diese wegen des Fernhaltens von Luft nur langsam abkühlt, eignet sich das neue Verfahren vor allem für kleine Formate mit höchstem Qualitätsanspruch.

Ab 1959 ist die ASARCO-Gießerei als selbstständige Werkstatt organisiert. Die Verarbeitung von kundenseitig gelieferten Schrottmetallen hatte vorher immer wieder zu Qualitätsproblemen geführt. Ein eigenes Materiallager schließt Verwechslungen und Vermischungen nun aus.

Nach mehreren Verbesserungen ist es ab 1975 möglich, Stangen und Rohre aus Rotguss mit einem Durchmesser von bis zu 142 Millimeter zu gießen. Bis heute werden das ASARCO-Stranggießverfahren mit ofenabhängiger Kokille und die entsprechenden Anlagen immer wieder verbessert. Und noch immer ist das Verfahren Gegenstand kontinuierlicher Optimierung: Die Deutsche Gesellschaft für Materialkunde unterhält einen Arbeitskreis „Ofenabhängige Kokille“, dessen Herbsttagung fand 2017 im Werk Vöhringen statt.

Visualisierung Gießprozess

Ein Vorteil des Stranggießens mit ofenabhängiger Kokille ist der kontinuierliche Gießprozess. Die Platten oder Bolzen werden ohne Unterbrechung des Vorgangs auf die gewünschte Länge gekürzt.

Kühlsysteme

Eine Herausforderung beim ASARCO-Stranggießen mit ofenabhängiger Kokille ist der langsame Abkühlprozess. Aufwendige Kühlsysteme und exakte Temperaturmessungen sind unabdingbar.