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Story 006 – 1845 – Menschen

Euer Königliche Majestät

P. J. Wieland vertritt seine Interessen an höchster Stelle

Philipp Jakob Wieland blickt schon früh über den Tellerrand des eigenen Unternehmens hinaus. Ob es um zu hohe Zölle oder den schleppenden Ausbau der Eisenbahn geht: Er scheut sich nicht, seine Ansichten beim König vorzubringen – und der Königin teure Geschenke zu machen.

In einem Brief vom 18. März 1834 an keinen geringeren als König Wilhelm I. von Württemberg ersucht er den Monarchen, er möge „uns allergnädigst gestatten unterthänigst eine Bitte vorzutragen.“ Der Beitritt Württembergs zum neu gegründeten Deutschen Zollverein belaste sein Unternehmen mit untragbar hohen Zöllen, wofür der Brief zahlreiche Rechenbeispiele anführt. Man sei überzeugt, dass die württembergische Regierung dem Zollverein nicht beigetreten sei, „um ihre Industrie der preussischen zum Opfer zu bringen, nicht, um ihre Bürger arm und die preussischen reich zu machen.“ Die Zollerhöhung aber mache es „ganz unmöglich, die Concurenz der preussischen, sächsischen, Nürnberger Fabriken auszuhalten.“ Deshalb bittet Wieland darum, die „zu dem höchsten Nachtheil (seiner) Fabrik eingetreten Erhöhung des Zolles auf Zink und Kupfer“ zu ermäßigen oder besser noch „um Ertheilung eines Freipasses zur freien Einfuhr dieser Metalle.“

Auch in einer anderen wichtigen Frage bringt sich der Wieland-Gründer in die Debatte ein: beim seiner Meinung nach zu langsamen Ausbau der Eisenbahn. In einem Memorandum schreibt er deshalb 1845, es gehe nicht nur um den Zeitfaktor, sondern auch darum, „für die abgegangenen Industriezweige neue einzuführen, was den Bau der Waggons u.s.w. in sich geschlossen hätte“. Der geplante Bau einer privat über Aktien finanzierten Eisenbahn habe „von Seiten der Regierung und des Stadtraths“ leider nicht „die gehörige Anerkennung und Unterstützung gefunden.“ So habe man es verpasst, die Bahn vor „den Baiern“ zu bauen und diese damit zu zwingen, „die seinigen (Bahnen) den unsern anzuschließen. Dadurch wäre jetzt schon Württemberg vortheilhaft dem großen Welthandel einverleibt und Ulm ein Mittelpunkt des lebhaftesten Verkehrs.“

Stattdessen habe die Regierung das Projekt boykottiert, weil es „von ihr selbst unternommen und ausgeführt werden sollte.“ Wie die Regierung überhaupt „wenig Geneigtheit zeige, auswärtige Industriezweige hieher zu verpflanzen, um dadurch […] eine Quelle für den Wohlstand zu eröffnen.“

Die offenen Worte haben bei Hofe offenbar nicht geschadet, später erhält Wieland immer wieder hohe Auszeichnungen. Und 1871 schenkt er Königin Olga eine Bronzefigur, für die die Monarchin über ihren Sekretär „freundschaftlichen Dank“ ausrichten lässt, zumal das „gelungene Kunstwerk“ von „Ihrem industriellen Fleiß ein so herausragendes Zeugnis ablegt.“

Auszug Kritik P. J. Wieland 1845

1845 kritisiert P. J. Wieland die Wirtschaftspolitik Württembergs und die mangelnde Bereitschaft der Regierung, beim Eisenbahnbau private Finanzierungskonzepte zu unterstützen.

Auszug Dankesbrief Königin Olga von Württemberg 1871

Warum P. J. Wieland Königin Olga von Württemberg 1871 eine Bronzefigur, „einen Minnesänger darstellend“, schenkt, ist unbekannt. Verbürgt ist aber der Dank der beliebten Monarchin.