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Story 102 – 1831 – Menschen

Eine glückliche Fügung

Robert Wiegandt: vom Waisenkind zum Ziehsohn

Philipp Jakob Wieland nimmt das Waisenkind Robert Wiegandt bei sich auf – in der Familie und in der Firma. Er fördert und fordert ihn nach Kräften. Wiegandt übernimmt Verantwortung als technischer Leiter.

Das Leben von Robert Wiegandt ist anfangs kein glückliches. 1831 als neuntes Kind des Schuhmachermeisters Georg Wiegandt geboren, verliert er als Sechsjähriger innerhalb eines Jahres beide Eltern und den Großvater. Er kommt ins Waisenhaus „Katharinenstift“, wo man dem aufgeweckten Jungen immerhin den Besuch der Ulmer Realschule gestattet. Dort nimmt sein Leben eine überaus glückliche Wendung: Sein bester Schulfreund wird Louis Wieland, Sohn von Philipp Jakob Wieland und seiner ersten Frau Fanny, sie nehmen sich des Waisenjungen an – und ihn in die Familie auf.

Nach der Schulzeit absolviert er bei Wieland eine Lehre zum Gießer, körperlich geschont wird er dabei nicht. „Er muß den ganzen Tag im Gießhaus arbeiten. Studieren wäre ihm lieber“, schreibt seine Pflegemutter 1846. In der Tat ist der Lehrling fünf Jahre später der handwerklichen Ausbildung überdrüssig und schreibt an Philipp Jakob Wieland, dass er „das seither Erlernte durchaus nicht für genügend erachte.“ Weder könne er auf Wanderschaft gehen noch sei er „auf dem Comptoir… gebildet worden.“ So müsse er sein Brot mit seiner Hände Arbeit kümmerlich verdienen oder überlegen, nach Amerika auszuwandern.

So weit reist er dann doch nicht – sondern nur bis zu den Hüttenwerken in Wasseralfingen. Mit seinem Pflegevater bleibt er in engem brieflichem Kontakt, im Sommer 1854 kehrt er zu ihm zurück. Wohl auch, weil der ihm nun Praktika in Österreich, Sachsen, Preußen, Holland und Frankreich ermöglicht. Eine Station in England muss er auslassen, weil er wegen des frühen Todes seines Freundes Louis im Sommer 1855 nach Ulm zurückgerufen wird. Dort braucht man ihn jetzt dringend. Nach dem Besuch der Gewerbeschule in Berlin erhält er eine Gewinnbeteiligung am Unternehmen. Solchermaßen abgesichert heiratet er 1860 Philipp Jakob Wielands Nichte Fanny Wieland, mit seinem Pflegevater ist er nun verwandtschaftlich verbunden.

Beruflich wird er im gleichen Jahr mit der technischen Leitung der neu erworbenen Spitalmühle betraut, vier Jahre später übernimmt er dieselbe Funktion am neuen Standort Vöhringen. Nach dem Tod des Gründers 1873 mit Prokura ausgestattet, ist er maßgeblich an vielen technischen Neuerungen beteiligt, die Wieland in der Folge zum modernen Industriebetrieb machen. 1890 zum Kommerzienrat ernannt, stirbt Robert Wiegandt zwei Jahre später an Herzschwäche.

Einen „festlichen Gruß“ entrichtet „Prinzipal“ P. J. Wieland anlässlich der Hochzeit von Robert Wiegandt und trägt ein – vermutlich selbst verfasstes – Gedicht zu Ehren des Brautpaares vor.