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Story 067 – 1867 – Menschen

Die Stunde der Söhne: der „Kommerzienrat“

Max R. Wieland tritt gut vorbereitet in große Fußstapfen

Bestens ausgebildet, übernimmt Max Robert Wieland 1892 zusammen mit seinem Bruder Philipp die Leitung von Wieland. Mehr als vier Jahrzehnte lang prägt er das Unternehmen entscheidend mit – als Kaufmann und Stratege, aber auch als sozial eingestellter, kulturell gebildeter und politisch liberaler Mann.

Robert Max Wieland wird am 24. Oktober 1867 geboren. Als sein Vater Philipp Jakob 1873 stirbt, ist er noch ein Kind. Nach dem Abitur in Ulm erhält er eine profunde kaufmännische Ausbildung, unter anderem auf den Handelsschulen in Lausanne und Basel, aber auch durch Praktika und Berufsstationen bei Wieland, in den Hüttenwerken Wasseralfingen, bei der Maschinenfabrik Winterthur und einer Bandfabrik in Basel. Reisen nach Frankreich und England, Nord- und Mittelamerika erweitern seinen Bildungshorizont zusätzlich. Und dies nicht nur auf beruflicher Ebene. M.R.W., wie er oft genannt wird, ist auch ein philosophisch und kulturell gebildeter, durchaus feinsinniger Mann.

1891 tritt er in das elterliche Unternehmen ein und löst zusammen mit seinem Bruder Philipp die Mutter Mathilde Wieland in der Firmenleitung ab. Seiner Ausbildung entsprechend, kümmert er sich vorwiegend um kaufmännische Angelegenheiten und um das Ulmer Stammwerk. Und um das, was man heute unter Interessenvertretung versteht: Max R. Wieland ist Vorstandsmitglied der „Wirtschaftlichen Vereinigung deutscher Messingwerke“ und des „Zentralverbandes der deutschen Metall-Walzwerks & Hütten-Industrie“. 1915 wird ihm – allerdings für die Verdienste, die „Euer Hochwohlgeboren“ sich „um die Ausrüstung des deutschen Heeres erworben hat“ – der Titel „Kommerzienrat“ verliehen. Ein Titel, der noch heute zur Unterscheidung von seinem Bruder Philipp, dem „Geheimrat“, verwendet wird.

Gleichwohl ist er ein kunstsinniger Mensch, der etwa mit dem Umbau der Sommerresidenz der Familie in Herrlingen und dem Bau seiner Stadtvilla 1910 keinen geringeren als den renommierten Architekturprofessor Richard Riemerschmied engagiert. Ersteres gilt bis heute als gelungenes Stück Jugendstilarchitektur, letztere als das damals schönste Haus in Ulm.

Die aufwändigen Bauten können aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass ihr Erbauer ein sozial eingestellter, am Gemeinwohl interessierter Mann ist. Lange gehört er dem Ulmer Stadtrat für die „Liberalen Demokraten“ an, ebenso dem Münsterbaukomitee und dem Verwaltungsrat der Wieland-Stiftung.

Sein letztes großes berufliches Projekt ist die Einführung der Leichtmetallfertigung in den 1930er-Jahren. Deren Höhenflug erlebt der „Kommerzienrat“ allerdings nicht mehr: Er verstirbt am 9. Juni 1935. Zu seiner Trauerfeier läutet – eine seltene Ehre – die Schwörglocke vom Ulmer Münsterturm.

Urkunde Charlottenkreuz

1916, ein Jahr nach der Ernennung zum Kommerzienrat, „geruht“ der württembergische König, Max R. Wieland das „Charlottenkreuz“ zu verleihen. Warum sagt die Urkunde leider nicht.

Wieland-Haus in der Olgastraße

Bei der 1910/11 an der Ulmer Olgastraße erbauten Villa, dem „Wieland-Haus“, überlässt Max R. Wieland nichts dem Zufall und bringt sich intensiv in die Planungen mit ein.

Auto fährt an Menschenmenge vorbei

Dass ihn seine „Gefolgschaft“ 1935 auf seiner „letzten Fahrt“ mit eindeutigen Gesten verabschiedet, dürfte ihm nicht gefallen haben: Max R. Wieland war überzeugter Liberaldemokrat.